top of page
Anwalt bei Mandanten

Apologetik

Ich beschäftige mich nun schon seit einigen Jahren mit dem Mormonismus, dessen Lehre, Geschichte und Problematik. Je mehr Objektivität und Unbefangenheit man dem Thema gegenüberstellt, desto klarer und eindeutiger wird, was für einen außenstehenden, unabhängigen Forscher ohnehin schon feststeht: Der Mormonismus ist ein synkretistisches Produkt Joseph Smiths und der Denkweise des 19. Jahrhunderts.

Um so erstaunlicher ist die Vehemenz, mit der mormonische Gelehrte - kurz Apologeten - versuchen, die Lehre und den Glauben an die "einzig wahre Kirche" zu verteidigen. Ich bin auf dieser Site ausgiebig auf deren Argumente eingegangen und es ist daher nicht notwendig, sich hier zu wiederholen. Dennoch möchte ich aus meinen Beobachtungen einige Gedanken und Schlussfolgerungen anführen.

Mehrere Jahrzehnte lang schwieg die Mormonenkirche und hat auf die vielen Kritiken keine Antwort gegeben. Und wenn man es richtig betrachtet, so tut sie das heute auch noch nicht, denn der "offizielle" Teil der Gemeinschaft (Generalautoritäten) blieb eine Antwort bislang schuldig. Stattdessen hat sich an der BYU eine Gruppe von Mormonengelehrten formiert, die als Organisation unter dem Namen F.A.R.M.S. (Foundation for Ancient Research and Mormon Studies) auftritt und es sich zum Ziel gesetzt haben, die Vorwürfe zu entschärfen.
Die meisten der Apologeten verfügen über eine gute, wissenschaftliche Ausbildung. Die bekanntesten unter ihnen sind:
Hugh Nibley, John L. Sorenson, Daniel C. Peterson, Michael D. Rhodes, John Gee und Mat Roper.
Wichtig festzustellen ist, dass F.A.R.M.S. nur die eigne Meinung vertritt und diese mit offiziellen Stellungnahmen der Gemeinschaft nicht gleichzusetzen sind. Trotzdem bleibt den nach Antworten suchenden Mitgliedern nichts anderes übrig, als sich den F.A.R.M.S. Argumenten anzuschließen, denn ansonsten gibt es ja nichts, auf was sie sich berufen könnten. Generalautoritäten raten ihren Mitgliedern nach wie vor, kritisches Material nicht zu lesen.

Es ist jedenfalls ein Phänomen, gelehrte Leute auf eine Art und Weise argumentieren zu sehen, die meiner Ansicht nach jeglicher Vernunft widerspricht. Apologeten sind bereit, für "ihre Wahrheit" eine äußerst fragwürdige Methodik anzuwenden und sogar den etablierten Lehren der Mormonenkirche zu widersprechen.

Ich habe mich daher gefragt, wie es zu solch einem Verhalten kommen kann und stelle fest, dass es 1. zu einer "Realitätsverschiebung" bei den Betroffenen kommt und 2. der innere und äußere Druck besteht, Dissonanzen (Unstimmigkeiten) mit allen Mitteln zu minimieren.

1. Realitätsverschiebung

Dieses Phänomen findet überall dort statt, wo Ideologien oder Religionen, das Weltbild eines Menschen beeinflussen oder bilden. Anstelle des eigenen Weltbildes, tritt das von der "Lehre" vorgegebene und ersetzt dieses weitgehend. Menschen, die in einer Religion oder Ideologie aufgewachsen sind, unterliegen diesem Vorgang meist noch intensiver, als Konvertierte. Es ist daher für Aussteiger oft schwierig, diese psychologische Barriere zu überwinden und wieder zu sich selbst zu finden.
Obwohl Apologeten, wie bereits erwähnt, größtenteils über eine solide Ausbildung und Qualifikation verfügen, greift bei der Ausübung der Apologetik eben diese Realitätsverschiebung und die wissenschaftlichen Argumente driften ins Irreale ab. Die Folge sind spekulative Theorien und Hypothesen, wie sie mannigfaltig auf dieser Site diskutiert wurden. Ein schönes Beispiel dafür sind Nibleys zahlreiche Theorien zum Buch-Abraham-Problem.
Da der Glaube prinzipiell den dominierenden Bereich der Psyche darstellt und nicht der Ratio, muss es notwendigerweise immer eine Erklärung geben, da der Glaube ja "wahr" ist. Dies erklärt auch die teilweise akrobatischen Bemühungen, Dinge zu beweisen oder zu erklären, die nicht zu beweisen sind, da schlichtweg unmöglich. Im Glauben aber ist alles möglich und die Realität wird verdrängt, bzw. durch eine "neue" Realität ersetzt. Eng in Verbindung mit der Realitätsverschiebung steht der nächste Punkt.

2. Reduzierung von Dissonanz

Kognitive Dissonanz (eine das Erkennen/Wahrnehmen betreffende Unstimmigkeit) resultiert meist aus einer Desillusion, die durch das Nichteintreffen eines den Glauben betreffenden Ereignisses entsteht. (Z.B. Das Kommen Christi datiert und nicht eingetroffen)
Solche Desillusionen gibt es in allen Religionen, besonders dort, wo angebliche Voraussagen gemacht werden, die dann nicht eintreffen oder sich als richtig angenommene Ereignisse, als falsch herausstellen. Im Mormonismus gibt es eine Vielzahl von Ereignissen und Fakten, die im Gläubigen eben diese kognitive Dissonanz auslösen. Diese Dissonanz erzeugt Unbehagen, das vom Betreffenden unbedingt eliminiert werden will. Die betreffende Person wird dann verschiedene Wege einschlagen, um diese Dissonanz, bzw. das resultierende Unbehagen, zu eliminieren: (1) Änderung eines oder mehrerer Glaubensgrundsätze, Meinungen oder Verhaltensweisen. (2) Erwerb neuer Informationen oder Glaubensgrundsätze, welche den bestehenden Einklang verstärken und somit die gesamte Dissonanz reduzieren. (3) Die Wichtigkeit solcher Wahrnehmungen vergessen oder reduzieren, die im dissonanten Verhältnis stehen.
Der Mormonismus ist voller Beispiele, die dies belegen. Die Lehre der Mormonen hat sich über all die Jahre immer wieder angepasst und verändert, nur um bestehen zu können und F.A.R.M.S. hat sich als wahrer Meister dieses Vorgangs entpuppt.

Das größte Problem bei Artikeln, die von F.A.R.M.S. geschrieben wurden, ist, dass normale Mitglieder in keinster Weise die Richtigkeit der dargelegten Fakten überprüfen können. Die meisten wollen das auch nicht, sondern glauben dankbar alles, was man ihnen so präsentiert. Dadurch ist ein Eldorado für Apologeten entstanden, in welchem sich die oben genannten Protagonisten so richtig in Szene setzen. Allen voran Hugh Nibley.
Glücklicherweise gibt es aber genug Gelehrte innerhalb und außerhalb der Gemeinschaft, die sich mit dem Mormonismus und den Schriften von F.A.R.M.S. beschäftigt haben und dabei behilflich sind, die Wahrheit ans Licht zu bringen. Es ist interessant zu bemerken, dass es immer mehr Mormonengelehrte gibt, die sehr gute wissenschaftliche Ansätze haben und F.A.R.M.S. in vielen Punkten widersprechen. Darunter die Ägyptologen Edward H. Ashment und Steven E. Thompson. Aber auch etliche Professoren an der BYU teilen die Meinung von F.A.R.M.S. nicht, sondern beginnen ein viel realistischeres Bild aufzuzeigen.
Das Buch von Dan Vogel, The Word of God: Essays on Mormon Scripture (Salt Lake City: Signature Books, 1990), in dem etliche sehr gute Essays von Mormonengelehrten zu finden sind, von denen auch auf dieser Site zitiert wird, dient als gutes Beispiel.
Auch verlassen immer mehr Gelehrte die Gemeinschaft, da die drückenden Beweise gegen den Glauben mit nichts mehr zu rechtfertigen sind. So z.B. Simon Southerton, ein ehemaliger Bischof und Molekularbiologe, der aufgrund der genetischen Erkenntnisse die Mormonenkirche verlassen hat. Andere Gelehrte werden wegen ihrer der Lehre widersprechenden Studien von der Gemeinschaft exkommuniziert.

Am Rande zu bemerken sei noch, dass es zwischen F.A.R.M.S.-Gelehrten und evangelikalen Apologeten zu einer regelrechten Erklärungsschlacht gekommen ist, bei dem sich einige der Evangelikalen sogar in die Defensive gedrängt fühlen. Ich möchte nicht näher auf diesen Bereich eingehen, da es sich hier um eine Schlacht handelt, bei der es darum geht, Mythen und Glaubensansichten zu verteidigen. Wer soll da gewinnen? John Weldon geht in seinem Artikel: Response To Mosser/Owen and FARMS näher darauf ein.

Ich werde nun kurz einige Beispiele für das bereits Genannte anführen. Ausführlichere Informationen befinden sich überall auf dieser Seite.

Hugh Nibley und seine Methodik

Beginnen wir mit Chef-Apologet Hugh Nibley:
Nibley besticht seine Leser mit seinem unglaublichen Wissen in den verschiedensten Gebieten. Seit Jahren veröffentlicht er eine Publikation nach der anderen und hat innerhalb der Mormonengemeinschaft sicherlich eine gewisse Fangemeinde aufgebaut. Ich selbst kenne Mitglieder, die ihren Glauben mit, von dem abhängig machen, was Nibley schreibt. Und dennoch ist Nibley zum Meister der "reduzierten Dissonanz" geworden. Kein anderer ist so frei in der Wahl seiner wissenschaftlichen Methodik und Interpretation. Seine Theorien sind teilweise höchst spekulativ und hypothetisch. Am Beispiel des Buches Abraham und der von ihm erhobenen Theorien wird dies sehr gut sichtbar.
Der Ägyptologe Steven E. Thompson sagte als Kommentar zu Charles M. Larsons Buch ...by his own hand upon papyrus:

"Meiner Meinung nach ist es die beste Quelle, zu der man gehen kann, wenn man wissen will, was es mit dem Buch Abraham auf sich hat ... Nichts, was von apologetischer Seite her geschrieben wurde, kommt ihm an Richtigkeit nahe ...
Nun, ich sage ihnen, es ist weit mehr akkurat, als alles, was Hugh Nibley jemals zu dem Thema geschrieben hat ..." (Interview mit Steven E. Thompson)

Auch der Ägyptologe Edward H. Ashment kritisiert Nibley Methodik in Bezug auf das Buch Abraham. In seinem Essay: Reducing Dissonance: The Book of Abraham as a Case Study, heißt es:

"Es wird daher vorgeschlagen, dass solch ein Umgang mit Dissonanz, in Bezug auf das Buch Abraham, unterlassen wird. Eine Beobachtung des Bibelforschers Jacob Neusner scheint hier angebracht zu sein: 'ein alter, christlicher Text, einer aus dem ersten Jahrhundert z.B., kann als würdiges Thema für wissenschaftliche Untersuchungen erachtet werden [durch Religionshistoriker]. Aber ein frischer christlicher Ausdruck (ich denke dabei an das Buch Mormon) steht eigentlich für Verspottung zur Verfügung, aber niemals zum Studium. Religiöse Erfahrung im dritten Jahrhundert ist faszinierend. Religiöse Erfahrung im zwanzigsten Jahrhundert [oder neunzehnten] ist beängstigend oder absurd.'
Mormonische Apologeten haben die mangelhafte Hypothese, von der Neusner spricht, völlig akzeptiert. Ein Beweis dafür ist deren Versuch, aus dem Buch Abraham ein 'würdiges Thema für wissenschaftliche Untersuchungen' zu machen und es davor zu bewahren, ein Gegenstand der Verspottung zu sein, indem es unnötigerweise archaisiert wird. Es scheint mehr angebracht - und mehr akkurat - es als einen 'frischen christlichen Ausdruck' zu betrachten. Lasst die HLT-Gemeinschaft beginnen zu studieren, nachzudenken und vom Buch Abraham zu lernen, von dem, was es ist - nicht von dem, was manche in der Gemeinschaft wünschen, dass es ist."

Ashment dementiert in diesem Essay vor allem diverse Theorien, die von Nibley aufgestellt wurden.
Ashment hat auch schon zu früheren Gelegenheiten, Nibleys Fehler offen gelegt. So etwa in Sunstone, Dez. 1979. Nibley sagte dazu:

"Nachdem ich Bruder Ashment gehört habe, muss ich einige Änderung in bezug darauf machen, was ich bereits gesagt habe."
"Ich bin nicht verantwortlich für etwas, was ich vor mehr als drei Jahren geschrieben habe." (Salt Lake City Messanger #82)

Diese letzte Aussage umschreibt ziemlich gut, was von Nibleys Methodik zu halten ist. Wir haben hier einen Gelehrten, der spekulative Theorien entwirft, für die er sich nach einer gewissen Zeit nicht mehr verantwortlich fühlt.

David P. Wright, Professor of Hebrew Bible and Ancient Near East, untersuchte den Inhalt des Buches Abraham, wie er von Joseph Smith verfasst wurde und stellte fest, dass dieser nichts mit dem Ägyptischen zu tun hat, sondern vielmehr mit dem Hebräischen. Er machte folgende Aussage und nahm dabei Bezug auf Nibley:

"Diese Beweise, gemeinsam mit Thompsons Beobachtungen, zeigen, dass das Buch Abraham nicht von Abraham verfasst wurde, nicht historisch ist und, in der Tat, das Produkt von Joseph Smiths kreativer - inspirierter, wenn man denn so will - Bibelauslegung ist. Diese Schlussfolgerung kann mit Bestimmtheit gemacht werden. Sie ist weit von einer wilden Spekulation entfernt. Entgegengesetzt muss man betonen, dass die meisten Forschungen, die geschrieben wurden, um die altertümliche Herkunft des Buches (und abrahamische Herkunft oder Geschichtlichkeit) zu verteidigen (das meiste von Hugh Nibley ), schwach und spekulativ sind und Mängel aufweisen durch wenig präzise Textanalyse und methodische Ungenauigkeit." (David P. Wright: Egyptology and the Book of Abraham)

Der eher orthodoxe Mormone Kent P. Jackson, kritisierte in den BYU-Studies (Artikel wurde von F.A.R.M.S. entfernt) die Methodik, die Nibley in dem Buch The Collected Works of Hugh Nibley. Vol. 1, Old Testament and Related Studies verwendet hat. Er schreibt:

"1. In den meisten Artikeln zeigt Nibley eine Tendenz dazu, Quellmaterial von einer Vielzahl von Kulturen aus der gesamten Alten Welt zu sammeln, diese dann zusammenzuwerfen, um dann die Stücke und Teile auszuwählen, die er braucht...
2. In diesem Buch benutzt Nibley die sekundären Quellen auf dieselbe Weise, wie die primären Quellen, indem er Aussagen aus dem Kontext entnimmt, um Argumente zu erstellen, mit denen die, von welchen er zitiert, wahrscheinlich nicht einverstanden wären...
3. Mehreren Artikeln mangelt es an genügend Dokumentation und bei manchen fehlt sie ganz.
4. Nibley Scharfsinnigkeit hat ihn zu einem der gefragtesten Sprecher in der Kirche gemacht. Aber ich bin darüber bestürzt, in dieser Zusammenstellung mehrere Passagen zu finden, in welchen seine Satire zu Sarkasmus und Beschimpfung tendiert, die keinen Platz in ernsthafter Wissenschaft finden sollten..."

Diese Problematiken finden sich auch in anderen Werken von Nibley wieder.
Vielleicht kann man abschließend folgende Bemerkung aus dem Buch BYU:A House of Faith, als beste Beobachtung anführen:

"Wie ein ehemaliger BYU-Geschichtsprofessor [Richard Poll] 1984 beobachtete, '[Nibley] ist die Sicherheitsdecke von den Heiligen der Letzten Tage, für die Dissonanz unakzeptabel ist ... Sein Beitrag zum Dissonanz-Management besteht nicht so sehr darin, was er geschrieben hat, sondern dass er geschrieben hat. Nachdem ich Hugh Nibley nun seit 40 Jahren kenne, bin ich der Meinung, dass er mit seinen Lesern herumgespielt hat... Relativ wenige Heilige der Letzten Tage lesen die Bücher, die sie einander geben, oder die reichlich kommentierten Artikel, die er Kirchenpublikationen beigesteuert hat. Für die meisten von uns ist es genug, dass sie existieren.'" (BYU:A House of Faith, by Bergera and Priddis, S.362)

Hugh Nibley als Dissonanz-Manager und Sicherheitsdecke. Ein passender Vergleich.

Verdrehung historischer Tatsachen

Reduzierung von Dissonanz äußert sich bei F.A.R.M.S.-Artikeln auch oft in der Verdrehung von historischen Tatsachen. Dies wird besonders am Beispiel der Kinderhookplatten und der Joseph-Smith-Manuskripte sichtbar. Man versucht heute, das Interesse von Joseph Smith an den Kinderhookplatten herunterzuspielen und den Schreibern die Schuld, an den in der Kirchengeschichte klaren Beweisen gegen Smith, zu geben. Ähnlich verhält es sich mit den Manuskripten des Buches Abraham, die klar aufzeigen, dass Smith überhaupt kein Ägyptisch übersetzen konnte. Auch hier versucht man, die Problematik von Smith abzuwenden und die Schreiber verantwortlich zu machen (Nibley). Edward H. Ashment hat in dem Essay Reducing Dissonance: The Book of Abraham as a Case Study, sehr detailliert dargelegt, warum F.A.R.M.S. sich dabei irrt. Er schreibt:

 

"Dieser Beweise widerspricht nicht nur Nibleys Annahme, dass 'das Englische des Buches Abraham hier hin geschrieben wurde, bevor die ägyptischen Zeichen hinzugefügt wurden', und dass die hieratischen Zeichen 'herauskopiert wurden ... von einem einzelnen Schreiber in einer hervortretenden und ziemlich geschickten Handschrift', sondern zeigt auch auf, dass in diesen Manuskripten die 'achtzehn hieratischen Randsymbole' von Papyrus JS 11, direkt mit dem Englisch des Buches Abraham in Verbindung stehen."

 

Smith hat in seiner gesamten Wirkungszeit nur sehr wenig selbst geschrieben, sondern Schreiber eingesetzt. Jedes Mal dann die Schreiber verantwortlich zu machen, wenn es Probleme gibt, scheint ein typisches Argumentationsspiel geworden zu sein und ein gutes Beispiel für Dissonanzreduzierung.

Fragwürdige wissenschaftliche Sichtweise

Ein Artikel bezüglich des Buches Abraham wurde 1992 offiziell im Ensign abgedruckt. In diesem wird von John Gee behauptet, dass das Wort Abraham in den gefundenen Papyri vorkommen soll und eine Verbindung zwischen dem Patriarchen und den Papyri besteht - auch in Zusammenhang mit Faksimile Nr.1.
Diese Abhandlung wurde ebenfalls von Edward H. Ashment (The Use of Egyptian Magical Papyri to Authenticate the Book of Abraham) dementiert und als falsch erklärt. Ashment zeigt auf, dass Gee seinen Lesern verheimlicht, dass er bei seinen Recherchen auf magische Papyri zurückgreift, die viel jünger sind, als die JS-Papyri. Weiter legt er offen, dass es sich bei der Person in diesen Papyri um eine Frau handelt, über die magische Sprüche auf einer Löwencouch ausgesprochen werden und nicht um Abraham, der geopfert werden soll. Er schließt seine Abhandlung mit den folgenden Worten:

"Gees Artikel zeigen anschaulich die beiden Vorgehensweisen auf, die die mormonische Apologetenschule benutzt, um mit dem Hauptproblem, vor dem sie steht, umzugehen. Nämlich, dass der Überfülle an verkündeten Wahrheiten, die in der Geschichte verwurzelt sein sollen, nur sehr dürftige Beweise gegenüber stehen.
Die erste Herangehensweise, die andernorts verwendet wird, leugnet konträre Beweisstücke mit philosophischen Argumenten. Sie nimmt einfach relativierend an, dass Beweise, die dem Glauben nicht förderlich sind, nur im Kopf des 'objektivistischen' Historikers existierten, der ja nach einem verborgenen Handlungsplan vorgeht, dabei aber so tut, als gehe er empirisch vor. Andererseits nimmt sie objektivistisch an, der Apologet habe die sichere 'objektive Erkenntnis' von der verkündeten Wahrheit, was dazu führt, dass er mit Beweisen nach eigenem Ermessen verfährt......

Mehr als alles andere deuten die Artikel darauf hin, dass Gees wissenschaftliche Sichtweise, von seinem Bestreben 'glaubensstärkende' Beweise hervorzubringen, verdeckt ist. Leser solcher Verteidigungsartikel müssen konsequenterweise äußerst vorsichtig sein, solche 'glaubensstärkenden' Behauptungen zu akzeptieren. Wie die oben angeführte Prüfung [aus seiner Abhandlung] zeigt, können Verteidigungsartikel 'glaubhafte Geschichte' vermitteln, die von einem nichts ahnenden Publikum historisch nicht streng hinterfragt wird. Leider verliert dabei jeder: Rechtfertiger werden von ihren Kollegen in der akademischen Welt nicht ernst genommen; Kirchenmitglieder werden falsch informiert; und Peinlichkeit wird letztendlich auf die Kirche zurückkommen ..."

 

Ich kenne Mitglieder, die auch heute noch Artikel von Gee verteilen, ohne jemals geprüft zu haben, was deren Inhalt überhaupt aussagt und sich dadurch in Sicherheit wiegen. Gee ist ein gutes Beispiel dafür, wie man wissenschaftliches Arbeiten dazu missbrauchen kann, um seinen Glauben zu rechtfertigen. Und ich stimme Ashment zu: Leider verliert dabei jeder.

Widerspruch zur Kirchenlehre

Wie bereits erwähnt, sind F.A.R.M.S.-Gelehrte auch dazu bereit, mit ihren Theorien der offiziellen Lehre der Mormonenkirche (sofern es denn eine gibt) zu widersprechen. Dies wird bei John L. Sorenson und seiner Buch-Mormon-Geographie deutlich. Zu Zeiten von Joseph Smith glaubte man noch fest daran, dass die Hebräer (verlorenen 10 Stämme) die Vorfahren der Indianer seien und sich die Nephiten und Lamaniten über ganz Nord- und Südamerika ausgebreitet hatten. Dies entsprach der Denkweise des 19. Jahrhunderts und somit auch dem Buch Mormon. Im Laufe des letzten Jahrhunderts wurde durch archäologische Untersuchungen jedoch deutlich, dass die Indianer mongolider Herkunft sind. Vonseiten der Mormonenkirche räumte man also ein, dass es noch andere gegeben hat, die Hauptblutlinie sein aber israelitisch (McConkie). Gegen Ende des letzten Jahrhunderts wurde dann immer klarer, dass es für die Buch-Mormon-Lehre der Herkunft der Indianer keine archäologischen Beweise gab. Zudem haben moderne genetische Untersuchungen längst bewiesen, dass die Indianer mongolider Herkunft sind und keine der Untersuchungen hat das Buch Mormon bestätigt. Dies veranlasste Sorenson dazu, die Geografie des Buches Mormon auf einen sehr kleinen Bereich irgendwo in Zentralmexiko festzulegen. Einen Bereich, den man bis heute nicht finden oder nachweisen konnte. Sorensons Theorie wirft nicht nur neue Probleme, bezüglich des Buches Mormon auf, sondern widerspricht dem, was offiziell seit Joseph Smith gelehrt wurde. Sorenson geht sogar so weit, dass er die orthodoxen Ansichten als "Unsinn" bezeichnet. Nun, auch wenn er damit recht hat, dass diese Ansichten Unsinn sind, so erkennt er nicht, dass seine Theorie nichts anderes ist, als Dissonanzreduzierung und eine Flucht vor der Realität. Moderne Archäologie und Genetik haben dem Buch Mormon längst den Todesstoß verabreicht.
Vielleicht ist es angebracht an dieser Stelle eine Aussage von Michael D. Coe, Professor für Anthropologie an der Yale Universität (Emeritus) anzuführen:

"Die nackte Tatsache ist, dass nichts, absolut nichts, aus den Ausgrabungen der Neuen Welt einem leidenschaftslosen Beobachter einen Hinweis geben würde, dass das Buch Mormon, wie von Joseph Smith behauptet, ein historisches Dokument sei, das von den frühen Bewohnern unserer Hemisphäre handelt....
Lassen sie mich nun ganz kategorisch feststellen, dass es, soweit ich weiß, keinen professionellen Archäologen gibt, der kein Mormone ist, der irgendeine wissenschaftliche Beweisgrundlage für die Wahrheit des Genannten sieht und ich möchte behaupten, dass es einige Mormonen Archäologen gibt, die sich dieser Gruppe anschließen." (Mormons and Archeology: An Outside View. Dialouge, 1973)

Typisches Argumentationsverhalten

Apologeten scheinen sich immer wieder in dieselben Argumentationen zu verstricken. Eine ausführliche Beschreibung findet sich in dem Artikel: Review of FARMS Review of Books, von Dr. Shade. Hier einige kurze Beispiele:

  • "Joseph Smith hat das nicht wirklich gesagt."

Aussagen Smiths werden auf seine Schreiber geschoben oder von ihm abgewendet

  • "Wir werden angegriffen"

F.A.R.M.S. interpretiert jede Kritik an der Kirche oder der Lehre als direkten Angriff, der unbedingt abgewehrt werden muss. Das scheint schon fast zwanghaft zu sein. (Siehe Dissonanz)

  • Den Leser mit Wissenschaft blenden

Apologeten versuchen ihre Mitglieder mit wissenschaftlicher Spitzfindigkeit zu beeindrucken und damit in Sicherheit zu wiegen

  • Forderung eines gottgleichen Literaturstandards

Pedantische Kritik wird an jedem Artikel geübt, der gegen die Kirche spricht. Dabei geht es oft mehr um stilistische Nebensächlichkeiten, als um Inhalt

  • Themenvermeidung

Wie am Beispiel von Charles M. Larsons Buch ...by his own hand upon papyrus, wird versucht, die Qualifikation des Autors zu diskreditieren. Das eigentliche Problem wird aber umgangen

  • "Dies wurde falsch zitiert oder aus dem Kontext genommen"

Ein beliebtes Argument von allen Mormonen, wenn es darum geht, peinliche oder fragwürdige Aussagen zu rechtfertigen

  • "Das ist dasselbe alte Anti-Mormonen-Argument, das seit Jahren kursiert"

Mit dieser Aussage suggerieren Apologeten, dass nach einer solch langen Zeit längst eine passende Antwort gefunden wurde und das Argument daher irrelevant ist. In der Regel ist genau das Gegenteil der Fall.

bottom of page